11.7.97 - 21.9.97

Ausstellung

Magus in Süden

Paul Wühr

Er ist Wortakrobat und Sprachskeptiker, schreibt bewußt absichtslos, negiert feste Raum-Zeit-Strukturen und gelangte als Autor erst in den sechziger Jahren an die literarische Öffentlichkeit: Paul Wühr, dessen 70. Geburtstag das Literaturhaus München mit einer Ausstellung feiert.

Geehrt wird hier einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren experimenteller Gegenwartsliteratur, der in Kollegenkreisen gerne mit Friederike Mayröcker und Ernst Jandl verglichen wird. Bewundernswert ist die Konsequenz, mit der Wühr in fünfzigjähriger Schreibarbeit einen literarischen Kosmos aus Großgedichten und Hörspielen geschaffen hat, um der Poesie mit unerschöpflicher Sprachkraft immer wieder aufs Neue zu huldigen. Wenn der Bäckersohn aus München seine Sätze durch den Sprachwolf dreht, schielt er immer nach der Wörterstadt München, die selbst in seiner Wahlheimat Umbrien gegenwärtig ist. Wührs Prosa-Poeme sind Chroniken der Zeitgeschichte seit den sechsziger Jahren.

Der Autor von »Gegenmünchen« (1979) und »Das falsche Buch« (1983) war Mitbegründer der ersten genossenschaftlichen Autorenbuchhandlung in der Münchner Wilhelmstraße. Wühr wurde unter anderem mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden (1971), dem Bremer Literaturpreis (1984), dem Petrarca-Preis (1990) und zuletzt mit dem Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1997) ausgezeichnet.

Die Ausstellung lädt ein zu Irrgängen und Gedankenspielen in Wührs poetischem Streckennetz. Im 1. OG gibt sie Einblicke in Lebenssituationen und Werkgeschichte. In der Bibliothek wird der Dichter als Leser vorgestellt; die Stimmen befreundeter Schriftsteller mischen sich in das Selbstgespräch des Autors. Ein Lesetisch und eine Audiothek mit Wührs 14 Hörspielen stehen bereit für eingehendere Begegnungen mit Wührs vielschichtigem Werk. Durch das Treppenhaus mit Fotoportraits von Isolde Ohlbaum führt der Spaziergang ins Foyer in den 3. Stock mit Gedicht- und Texfahnen.

Ganz im Sinne Paul Wührs wird es während der Dauer der Ausstellung Überraschungsmomente mit Münchner Künstlern geben.