Mi 28.6.17 // 19 Uhr // Bibliothek

Marcel Proust und die Frauen

Eröffnung mit Luzius Keller, Jürgen Ritte & Caroline Weber

Grußworte: Reiner Speck (Präsident der Marcel Proust Gesellschaft)

Veranstaltung im Rahmen des internationalen Symposions der MARCEL PROUST GESELLSCHAFT: »Marcel Proust und die Frauen« (28. bis 30. Juni 2017)

Das diesjährige Proust-Symposion widmet sich der Rolle des Weiblichen in Prousts literarischem Werk, seiner Korrespondenz und seinen kritischen Schriften. Von der Übermutter Jeanne Proust und der Großmutter Adèle Weil bis zu Freundinnen und Bekannten wie Madeleine Lemaire, Geneviève Straus, der Comtesse Greffulhe und der Prinzessin Soutzo – alle haben mannigfaltige Spuren in der Recherche hinterlassen: Ohne die Frauen ist Prousts Schreiben nicht zu verstehen. Bereits in der Eingangsszene ist Imagination mit Weiblichkeit verknüpft, wenn der Träumer eine Frau halluziniert, die aus einer falschen Lage seines Schenkels heraus geboren wird, so wie Eva einer Rippe Adams entsprungen ist.

Am Ende der Recherche identifiziert sich der Erzähler selbst mit einer Frau, wenn er mit dem Buch, das er im Begriff zu schreiben ist, „schwanger“ geht. Das Weibliche ist nicht nur Bestandteil des Romans, sondern konstitutiv für Prousts Schreiben selbst, das man eine écriture au féminin nennen könnte.

Wie kein anderer vor und nach ihm erforscht Proust das Rätsel weiblichen, genauer lesbischen Begehrens, das als unlesbares Fragment spezifisch moderne – supplementäre – Darstellungsverfahren hervorbringt. Albertine ist eben kein Mann in weiblicher Verkleidung, sondern Figur des Femininen par excellence – Figur des Flüchtigen, Opaken, Fragmenta¬rischen und somit Inbegriff von Prousts Modernität. Die abgründige Welt Gomorrhas hat bei Proust ihren Gegenpart in einer idealisierten, sublimierten Mütterlichkeit; jedoch überlagern sich das Mütterliche und das Weibisch-Verworfene und konvergieren im Jüdisch-Orientalischen.

Nicht nur biografische Quellenforschung, sondern Prousts weibliches Schreiben und sein Schreiben des Weiblichen stehen im Mittelpunkt dieses Symposions.

Programm
LUZIUS KELLER (Universität Zürich)
Lesung und Kommentar von »Frauengeschichten« Prousts

JÜRGEN RITTE (Université de Paris 3 / Sorbonne Nouvelle)
De votre Indifférence Souveraine / Le plus respectueux serviteur – Marcel Proust. Briefe an vier Damen

CAROLINE WEBER (Barnard College, Columbia University, New York)
Proust’s Muse: La Comtesse Greffulhe